So ist die Kursreihe aufgebaut
Die “Zusatzqualifikation Psychomotorik” am IBP ist eine 200- stündige, berufsbegleitende Weiterbildung, die in der Regel an 7 Wochenenden stattfindet. In einer konstanten Gruppe werden die Inhalte prozessorientiert (als Möglichkeit unter Einbeziehung der Fragen und Interessen der TeilnehmerInnen) vermittelt. Unsere Schwerpunkte der einzelnen Wochenenden (Kurse 1 bis 6 jeweils von Freitag 16 Uhr bis Sonntag 12:45 Uhr) sind:
1. Wochenende
Die Grundidee des ersten Wochenendes ist einerseits, sich kennen zu lernen, als Gruppe langsam zu wachsen und andererseits aus eigenen Erfahrung Fragen zur psychomotorischen Praxis zu entwickeln. Jeder ist mit seiner Körperlichkeit, seinen Wünschen und Fragen, seinen Vorerfahrungen und Qualifikationen willkommen. Spiel ist das Medium, sich anzunähern, mit Spaß in einen spielerischen Kontakt zu treten und sich mit ersten Fragen auszutauschen. “Welche Wünsche und Erwartungen habe ich an die Weiterbildung? Wie kann ich mit Psychomotorik meine Praxis entwickeln? Wie kann ich mich mit Psychomotorik beruflich weiter fortbilden? Gibt es KollegInnen, mit denen ich mich beruflich austauschen kann?” Über das Spiel und den spielerischen Umgang mit Materialien entwickeln wir ein Miteinander. Erste Überlegungen einer psychomotorischen Methodik und Didaktik werden aus dieser Praxis heraus entworfen. Was will die Psychomotorik? Welche Haltung vertrete ich in der Psychomotorik, welches methodische Rüstzeug steht mir für meine Praxis zur Verfügung? Mit dem STEP-Stundenmodell wird eine Vorstellung entwickelt, wie eine psychomotorische Stunde im Prozess verlaufen könnte, wie wir in einzelnen Phasen der Stunde flexibel an den Bedürfnissen von Kindern arbeiten können. Mit der STEP-Diagnostik, dem STEP-Diagnostik-Beobachtungsbogen, werden erste diagnostische Überlegungen für die Psychomotorische Praxis angestellt, die prozessorientiert im weiteren Verlauf der Weiterbildung ihre Vertiefung findet.
Wir möchten die TeilnehmerInnen motivieren, Schritt für Schritt psychomotorische Praxis zu erleben, auszuprobieren und zu entwickeln und mit neuen Fragen die eigene Praxis zu reflektieren. An Beispielen wollen wir verdeutlichen, wie sich auf Grundlage des daraus entstehenden Handwerkszeugs an Erfahrungen die eigene psychomotorische Praxis entwickeln kann.
2. bis 4. Wochenende
An diesen drei Wochenenden geben wir v.a. viel Praxiseinblick in unsere psychomotorische Arbeit. Es sind v.a. Erfahrungen aus den Bereichen Spiel und Bewegung, in der Arbeit mit (Klein- und Alltags-) Materialien sowie Großgeräten. Dazu körperliche Erfahrungen, den Leib in unterschiedlichen Bewegungsangeboten zu spüren: von der körperlichen Aktivität hin zur spielerischen Entspannung. Diese Praxiserfahrungen, gekoppelt mit Rollenspiel und Videobeispielen aus der Praxis, geben immer wieder Raum, zu reflektieren, was in der Praxis passiert ist und welche alternativen Handlungsmöglichkeiten noch denkbar sind. Aus dem Wechselspiel von Praxis und theoriebezogener Reflexion entsteht eine Kompetenz, Psychomotorik als eine praxisorientierte Idee, eine Haltung mit methodischem Rüstzeug, umzusetzen und Kinder auf diesem Weg stark zu machen - den Raum für Beschämung zu schließen.
An den Themen von psychomotorischer Haltung, methodischer Vorgehensweise und vielfältiger Praxisanregungen wird an den drei Wochenenden gearbeitet. Die IBP-Lehrteammitglieder kommen alle aus der Praxis, können und werden Ihre Erfahrungen praxisorientiert vermitteln. Theoretisch wird ein Überblick über die Entwicklung der Psychomotorik in Deutschland gegeben, wie sich aus der Psychomotorischen Übungsbehandlung über Motopädagogik/Mototherapie die Psychomotorik bis heute entwickelt hat – und weiter entwickeln könnte. Theorieteile werden auch zu ‘Kindheit im Wandel’, ‘Bewegung und Sprache’, ‘Wahrnehmung und Bewegung’, ‘Psychomotorik in der Bedeutung von Salutogenese und Gesundheitsförderung’ mit Blick auf die psychomotorische Praxis erarbeitet.
5. bis 6. Wochenende
An diesen beiden Wochenenden beschäftigen wir uns mit Psychomotorischer Diagnostik (von der störungsspezifischen Motodiagnostik, über förderdiagnostische Überlegungen zu einer prozess- und gruppenorientierten psychomotorischen Diagnostik) und darauf aufbauender Planung von Psychomotorik-Stunden sowie besonderen Themen der Psychomotorik und angrenzender Gebiete. Mit Bezug auf unsere psychomotorische Praxis, der Methodik und Didaktik von Psychomotorik, beschäftigen wir uns mit der psychomotorischen Arbeit in unterschiedlichem Alter (vom Säuglings- zum Seniorenalter) und mit unterschiedlichen Auffälligkeiten, z.B. mit Kindern, die ‘stören’ (u.a. sog. ADHS-Kinder). Wir verknüpfen die ADHS-Problematik gern mit dem Ansatz von Chaos-Theorie, Systemtheorie und konstruktivistischer Sichtweise, entwickeln den Blick zu Psychomotorik, Salutogenese und Resilienz, allg. zu der Bedeutung von Schutzfaktoren für kindliche Entwicklung. Psychomotorik verstehen wir als eine ressourcenorientierte Arbeit. In diesem Zusammenhang werden auch Formen der Zusammenarbeit mit Eltern, Vernetzungsinitiativen und der Ansatz von transversalem Denken thematisiert. Wie kann Psychomotorik als Konzept in einer Einrichtung Platz finden? Wie kann die Zusammenarbeit im Team und mit unterschiedlichen Berufsgruppen gelingen? Wie können Psychomotorische Vereine gegründet werden? Wo gibt es psychomotorische Arbeitsmöglichkeiten? Was kann ich mit der ‘Zusatzqualifikation Psychomotorik’ anfangen? Wie kann ich mich professionalisieren? Weshalb ist Supervision sinnvoll, wie klappt Intervision ...?
7. Wochenende
An diesen beiden Abschlusstagen (Freitag 15 Uhr bis Samstag ca. 17 Uhr) supervidieren wir psychomotorische Praxis anhand von Videobeispielen der TeilnehmerInnen. Unser Ansatzpunkt: “Niemand wird beschämt!” wird besonders auch hier als Leitlinie verdeutlicht: Es geht uns nicht um ein ‘richtig’ oder ‘falsch’, ‘gut’ oder ‘schlecht’. Wert dieser beiden Tage ist eher die Sichtbarmachung unterschiedlicher Ansätze von psychomotorischer Arbeit, die mal mehr rhythmisch, von Musik getragen, oder sportlich, oder mehr mit dem Focus auf der Beziehungsarbeit mit dem einzelnen Kind, oder mal mehr gruppenbezogen ihren Ausdruck findet. Wo institutionell (in Kindergarten, Schule, Heim, Praxis, Krankenhaus, Psychiatrie...), unter welchen Bedingungen (räumlich, zeitlich, organisatorisch) und mit welchem Klientel wird Psychomotorik angeboten? Egal, mit welcher inhaltlichen Schwerpunktsetzung oder mit welcher Zielgruppe - hier erkennen wir das Wertvolle und Zentrale der Psychomotorik: die Haltung zum Menschen, die besonders am Kind orientierte Gestaltung von Raum und Zeit, die prozessorientierte diagnostische Begleitung machen die Professionalität unserer Praxis aus. Die Rückmeldung der Videoarbeit wird daher in Form von Profiziten gegeben, was die jeweilige Psychomotorik ist und was die eigene Praxis bestimmt. Die Gesamtreflexion der Kursreihe schließt mit der feierlichen Übergabe der Zertifikate ab.