Was ist damit gemeint?

Motogeragogik als Konzept der Persönlichkeitsförderung durch Bewegung im Alter war zunächst auf die präventive, begleitende, unterstützende Förderung von Menschen im Entwicklungsabschnitt Alter angelegt. Zielgruppe waren damals die rüstigen, vitalen, mobilen Älteren, die zwar eine Vielzahl von Lebensjahren hinter sich haben, aber selbständig, kompetent und aktiv leben. Auf Grundlage der in der Motopädagogik geltenden Prinzipien und Leitlinien wurde ein diesem Entwicklungsabschnitt angepasstes und auf die hier gültigen Daseinsthemen abgestimmtes theoriegeleitetes Praxiskonzept erwickelt und erfolgreich erprobt (und besitzt immer noch Gültigkeit).
Motogeragogik (mittlerweile hat sich eher der Begriff "Psychomotorik im Alter" anstelle von "Motogeragogik" durchgesetzt, so dass auch hier zukünftig von Psychomotorik gesprochen wird) als individuumzentrierter, handlungstheoretischer Ansatz geht von den jeweiligen Daseinsthemen des Menschen in seinem spezifischen Entwicklungsabschnitt aus und versucht, diejenigen Kompetenzen zu stärken, die jeder einzelne in seinem Lebensalltag braucht, um seine individuellen Entwicklungsaufgaben zu lösen. Übergeordnete allgemeine Intention ist, dass der Mensch in jedem Entwicklungsabschnitt mit sich selbst - in seinem sozialen Netzwerk - in seiner Umwelt (gut) zurechtkommt. Da dieses theoretische Gerüst generelle Gültigkeit besitzt, bedarf es nur der Anpassung an die aktuelle Situation, wenn das Konzept ausgeweitet bzw. angewendet wird auf die Lebenssituation in einem Alten- und Pflegeheim.

Diese Situation ist vom bisherigen Leben so verschieden und bedeutet eine so grundlegende Änderung der Lebenssituation, dass sich damit auch der Mensch selbst ändert. Die übergeordneten Daseinsthemen (Person, soziales Netzwerk, Sinn) erhalten eine völlig andere inhaltliche Bedeutung. So geht es beispielsweise in dem Daseinsthema "Identität" (u.a.) um die mit der funktionalen Pflege implizierte "Enteignung des Leibes" (KOCH-STRAUBE 1997) und deren Auswirkung auf die Identität. Im Daseinsthema "Soziales Netzwerk" geht es (u.a.) um die kontinuierliche Verletzung des persönlichen Raumes bei gleichzeitiger Einsamkeit und Verlust von Nähe, bei dem Daseinsthema "Sinn" wirken sich (u.a.) die Unmöglichkeit von Kontrollerfahrungen und Erfahrungen von Selbstwirksamkeit gravierend auf das Erleben von Sinnhaftigkeit und Erhaltung der Identität aus. Dementsprechend werden auch für die praktische Arbeit andere Angebote entwickelt, damit sie den jeweiligen Menschen individuell in seiner Alltagssituation erreichen.

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