Psychomotorik im Alten- und Pflegeheim

Psychomotorik im Alter, eingeführt unter dem Begriff "Motogeragogik" (Vgl.: PHILIPPI, M. (1989), PHILIPPI-EISENBURGER, M. (1991a,b), EISENBURGER, M.; LIEBMANN, B. (1996); EISENBURGER, M.(2001)) besinnt sich auf die originären Zielgruppen, die von Beginn an psychomotorische Arbeit bestimmte: es ging immer um sog. "Randgruppen", um "Menschen mit Förderbedarf", um "Sondergruppen" etc., also spezielle Zielgruppen, die aus dem "normalen" pädagogischen Alltag herausfallen.

Ältere und alte Menschen werden - das ist mittlerweile endlich durch den sich anbahnenden Paradigmawechsel des Altersstereotyps erreicht - nicht mehr per se als "Problemfall" bezeichnet, wenn auch immer noch zu häufig von "drohender Alterslast" oder "Überalterung der Gesellschaft" als bedrohlicher Entwicklung gesprochen wird. Zumindest in der gerontologischen Wissenschaft haben sich die positiven theoretischen Modell von Kompetenz im Alter, Vitalität im Alter etc. durchgesetzt und - trotz aller Differenzen - einhellig Anerkennung gefunden, wenn auch deren Umsetzung in das Alltagsverständnis noch manchmal etwas warten lässt.

Aber trotz der positiven Entwicklung, die das gesellschaftliche Altersbild nimmt, es ist nicht weg zu leugnen: es gibt sie, die Menschen, die in Alten- und Pflegeheimen leben (auch wenn es nur ca. 4-5% der über 65Jährigen sind) und die nach wie vor das Bild des Alters wesentlich mitbestimmen. Und sie leben nur da, weil ihnen körperliche, geistige oder psychische Veränderungen ein selbständiges Leben unmöglich gemacht haben. Dabei ist nicht das chronologische Alter ausschlaggebend, sondern vielmehr die körperliche und/oder geistige Befindlichkeit. Das eigene Aktivitätspotential dieser Menschen ist oft nur noch so gering, dass sie auf Anregungen von außen angewiesen sind, um wenigstens ein Mindestmaß an Aktivität und Bewegung zu haben. Die besondere Lebenssituation in der Institution Alten- und Pflegeheim trägt dazu bei, dass es mit Eintritt in ein Heim immer schwerer wird, die Identität zu erhalten, geschweige den Wohlbefinden und Daseinsfreude empfinden zu können.

Und gerade hier hat die Psychomotorik wertvolle Hilfe zu bieten. Für den Bereich "vitale Ältere" existieren eine Vielzahl von Angeboten, Konzepten und Modellen zur Gestaltung eines als sinnvoll erlebten Daseins und vor allem: die betreffenden Menschen können sich selbst darum kümmern und (weitgehend) selbst bestimmen, wie sie ihr Leben gestalten möchten. Aber hier es geht um Menschen, die nicht mehr in der Lage sind (oder gebracht werden), sich um ihre Belange zu kümmern. Die "Umwelt" muss also so gestaltet werden, dass sie den Menschen, die aufgrund ihrer Einschränkungen und Behinderungen sowieso schon benachteiligt sind, Anregungen, Erfahrungen und selbstbestimmtes Handeln ermöglicht und so in ihrem Bemühen um Erhaltung des Personsein unterstützt. In der Altenhilfe gibt es noch wenig theoriegeleitete Praxiskonzepte, die statt der "Objektpflege" das Leitbild der Personenzentrierten Pflege - oder gar "Leibpflege" (KOCH-STRAUBE 1996) beinhalten. Zwar ist zum Glück auch hier in den Pflegetheorien der Wandel erkennbar, aber noch sind konkrete Modelle zur Umsetzung in handlungsrelevante Vorschläge eher spärlich. Die Entwicklung einer neuen "Pflegekultur" steckt noch in den Anfängen - aber sie hat begonnen. Und hier ist unser Ansatzpunkt.

 

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